Tauchen nach Normen
Warum Tauchkurse heute vergleichbar sind
Die Geschichte gab es in den verschiedensten Varianten und fast jede Tauchbasis war früher ab und zu mit einem dieser Pechvögel konfrontiert. Da erschienen Menschen am Counter der Basis und zeigten stolz ihren Tauchschein, den sie im Jahr zuvor in Griechenland oder Spanien oder sonst so irgendwo auf der Welt gemacht hatten. Das Problem war nur, dass kein Mensch je von der Tauchorganisation gehört hatte, oder auf dem bunt bedruckten Fetzen Papier das unheilvolle Wort „Resort-Brevet“ prangte. Mit diesem Wisch durfte der arme Kerl jedenfalls nicht tauchen. Er durfte bestensfalls einen Open-Water-Kurs beginnen
Wo Divemaster zu Anfängern wurden
Doch selbst, wer bei einer großen anerkannten Organisation seine Scheine gemacht hatte, konnte eine böse Überraschung erleben. So wunderte sich zum Beispiel noch 1996 ein PADI-Divemaster sehr, dass er auf der französischen Insel Martinique wie ein Tauchanfänger behandelt wurde. Er habe nur das Niveau 1 und dürfe daher nur in Begleitung auf maximal 18 Meter Tiefe tauchen. Frankreich, das Stammland von CMAS erkannte keine Tauchorganisation an, die nicht unter ihrem Dach organisiert war.
Martin Denison stand vor dem Aus
In Österreich hatte der britisch-stämmige Martin Dension am Universitäts-Sportinstitut in Wien Tauchlehrer für den TSVÖ, den österreichischen Tauchportverband ausgebildet. 1994 machte er sich selbstständig und begann Tauchlehrer nach dem damals in Europa noch relativ unbekannten Standart von SSI auszubilden. Nach einem Jahr schien alles aus, weil das Bundesland Oberösterreich ein neues Sportgesetz erlassen hatte, das die SSI-Ausbildung schlicht nicht anerkannte.
Hilfe vom Austria Standards
Da entsschloss sich Denison zu einem ungewöhnlichen Schritt. Er wandte sich an das österreischische Normierungsinstitut ASI. Mit dem diskutierte er eine ungewöhnliche Idee: Wenn Produkte mit Normen versehen werden können, warum dann nicht auch Dienstleistungen. Zwei Jahre später lag die ÖNORM S 4260 auf dem Tisch, die „Sicherheitsrelevante Mindestanforderungen an die Grundausbildung im Gerätetauchen“ regelte.
ISO Norm in Ägypten und Griechenland Pflicht
Es dauerte allerdings noch zehn Jahre, bis sich die Normen im Tauchen nicht nur Europa- sondern auch weltweit durchgesetzt hatten. 2007 kamen endlich die ISO-Normen. Und seither ist die Qualität von Tauchbasen oder der Tauchausbildung weltweit vergleichbar – vorausgesetzt, eine Tauchbasis unterzieht sich der Zertifizierung. In Ägypten und in Griechenland ist das inzwischen eine rechtliche Voraussetzung um überhaupt eine Tauchbasis eröffen zu dürfen.
Taucherbrevets sind nun vergleichbar
Die entscheidende Zahl für Tauchbasen ist ISO 24803 (entspricht DIN EN 14467). Sie zeigt an, dass die Tauchbasis nach dieser Norm geprüft worden ist und alle darin verhandenen Bestimmungen einhältt. Darüber hinaus gibt es auch die Normen ISO 24801-1 bis 3. Die sind mit Brevts gleichzusetzen. Die erste Stufe heißt auch Supervised Diver. Mit diesem Brevet, darf ein Taucher nur in Begleitung eines dafür ausgebildeten Taucher ins Wasser. Die zweite Stufe wird Autonomous Diver genannt und entspricht dem Open Water Diver, beziehungsweise CMAS*. In der dritten Stufe heißt der Taucher dann Dive Leader und ist so ausgebildet wie ein Dive Master oder ein CMAS***-Taucher.In der Norm 24801-1 bis 3 geht es analog dazu um die Tauchlehrerausbildung, also darum, was der eigentliche Stein des Anstoßes war.
Zahl der Tauchunfälle gesunken
Es heißt, dass die Zahl der Tauchunfälle in Ägypten seit Einführung der Zertifizierung um 30 Prozent zurück gegangen sein soll. Sollten diese Zahlen stimmen, wäre das natürlich ein beeindruckender Wert. Was aber zweifellos nachprüfbar ist, ist die Tatsache, dass durch die Norm die Kurse unterschiedlicher Organisationen inzwischen vergleichbar geworden sind und dass es für Urlauber mit einem entsprechenden Brevet nun keine bösen Überraschungen mehr gibt, wie das noch vor über zehn Jahren durch aus der Fall sein konnte.
Teuer und intransparent
Trotz allem gibt es auch Kritik. Die entzündet sich in erster Linie daran, dass die Zertifizierungsanforderungen nicht transparent sind. Das heißt, transparent sind sie schon, wenn man bereit ist, 58 Schweizer Franken an die ISO zu bezahlen, um die Anforderungen herunter zu laden. Beim Deutschen Institut für Normung kosten die Unterlagen für die DIN EN 14467 zum Herunterladen 72 ,10 Euro. Das halten viele dann schon für ein bisschen viel.
Besser Norm als Untergang
Warum das so teuer ist, erzählt Martin Denison im übrigen auf den Webseiten von ISO und Austria Standards. Und er hat auch eine bestechende Antwort auf die Frage: „Was hätte mich es gekostet, wenn ich das nicht gemacht hätte? Meine Existenz und mein Unternehmen.“
Text: psk Foto: mk