Jetzt twittern auch die Haie
Das Projekt Shark Spotter versucht Frieden zwischen Mensch und Hai zu stiften
Jedes Jahr werden zwischen fünf und 15 Menschen Opfer von Haiangriffen. Dem stehen allerdings 100 Millionen getötete Haie im Jahr gegenüber. Dieses krasse Missverhältnis führte dazu, dass viele Haie inzwischen vom Aussterben bedroht sind. Da sie meist an der Spitze der Nahrungskette stehen, könnte ein Aussterben vor allem großer Raubhaie unabsehbare Folgen für das biologische Gleichgewicht der Meere haben.
In vielen Ländern steht der Weiße Hai, der größte Raubhai, inzwischen unter Naturschutz. Das gilt auch für die beiden Länder, wo es am häufigsten zu Haiangriffen mit fatalem Ausgang kommt, Australien und Südafrika. Dabei war Südafrika sogar das erste Land, in dem die bis zu sieben Meter langen Kraftpakete unter Naturschutz gestellt wurden.
Das war nicht unumstritten, galten die „Großen Weißen“ doch als heimtückische und unberechenbare Killer. Und das stellten die Haie dann auch noch unter Beweis, indem sie ein bis zwei mal im Jahr genüsslichen einen Surfer vor Südafrikas Küste verspeisten. Es ist zwar längst erwiesen, die die meisten Surfer, die von einem Weißen Hai angegriffen werden, einfach nur einem Irrtum zum Opfer fallen, weil das Tier sie mit einer Robbe verwechselt hat. Den Ruf des großen Weißen Haies hat diese Erkenntnis jedoch nicht entscheidend verbessern können. Um die Akzeptanz des Haischutzes durchzusetzen, mussten Hai und Mensch irgendwie auseinandergehalten werden. Schutznetze, wie sie in manchen Badebuchten gespannt werden, sind umstritten, weil sich Haie darin verfangen können und dann elendiglich zu Grunde gehen.
Shark-Spotter warnen – nicht immer mit Erfolg
Die Shark-Spotter haben sich genau das zur Aufgabe gemacht: Mensch und Hai möglichst weit voneinander entfernt zu halten. Die Devise der Organisation lautet: „Wir glauben, dass wir einen sinnvollen Beitrag zur Erhaltung des Weißen Hais leisten können, wenn wir die ohnehin schon geringen Risiken von Haiangriffen reduzieren. Wir wollen zum Wohle der Gesellschaft beitragen, indem wir ein Beispiel dafür schaffen, wie Mensch und Hai nebeneinander existieren können.“ Im Prinzip ist es ganz einfach. Man starrt aufs Meer bis man einen Hai sieht und warnt dann die Surfer davor, ins Wasser zu gehen. In der Praxis ist das natürlich weit komplizierter. Dabei schien es, vorallem in der Frühzeiten des Projekts ab 2004, schwieriger gewesen zu sein, die Surfer vom Surfen abzuhalten, wenn ein Hai in der Bucht auftauchte, als die Haie zu entdecken. Mindestens ein Surfer bezahlte seine Ignoranz mit dem Leben, ein andere wurde schwer verletzt. Tatsächlich ging die Zahl der Haiattaken aber markant zurück, nachdem die Hai-Spotter mit ihrer Arbeit begonnen hatten.
Was die Lage in Südafrika ein wenig heikel macht, ist die Tatsache, dass sich viele Große Weiße in der False Bay direkt vor der Millionen-Stadt Kapstadt tummeln. So nimmt es nicht Wunder, dass sich auch die örtliche Universität dem Problem angenommen hat und seither forscht Alison Kock über weiße Haie und ihr Verhalten.
Über 300 Haie sind bei Twitter
Doch Südafrika ist nicht ihr einziges Betätigungsfeld. Spannend und fast kurios mutet ein Projekt in Westaustralien an, dass die Forscherin leitet. Vor dem fünften Kontinent sind in den letzten beiden Jahren sechs Surfer durch Haiangriffe ums Leben gekommen. Doch die Zahl dürfte nun vermutlich sinken. Denn über 300 Haie melden sich inzwischen per Twitter, wenn sie der Küste zu nahe kommen. Insgesamt wurden bisland 338 weiße Haie mit Sendern markiert. Sobald ein Hai der Küste näher als 800 Meter kommt, wird eine Twitternachricht verschickt. Wer den Dienst abonniert hat ist gewarnt. Doch auch Projektleiterin Alison Kock warnt: „Die Surfer müssen wissen, dass wir nicht alle Haie erfasst haben“. Es wäre also ein wenig fahrlässig, sich nur auf den das Projekt Surf Life Saving West-Australia zu verlassen. Trotzdem ist das ein großer Schritt auf dem Weg zur friedlichen Koexistenz von Mensch und Hai.
Die komplette Reportage ist in der Silent-World-Ausgabe Nr. 29 nachzulesen.
Mehr über die Shark-Spotter hier
Text: Peter S. Kaspar