Der Grönlandhai und die Pinguine
Wie sich die „Zeit“ blamierte
Die Erkenntnis ist die wissenschaftliche Sensationsnachricht des Tages: Der Grönlandhai oder auch Eishai wird 400 Jahre alt und ist damit mit Abstand das langlebigste Wirbeltier auf diesem Planeten. Standesgemäß berichten große Medien wie die „Süddeutsche Zeitung“, der WDR, der Deutschlandfunk, die Zeit oder der Berliner Tagesspiegel über diese neue Erkenntnis.
Wenig bekannt über den Hai
Er wird um die fünf Meter lang, lebt in Tiefen von bis zu 2000 Metern und schwimmt so langsam, dass er im englischen Sprachgebrauch „Sleeper Shark“, also Schlaf-Hai genannt wird. Dass er uralt wird war schon länger bekannt, 400 Jahre hat aber auch dioe Wissenschaftler überrascht. Er lebt, wie der Name nahe legt, um Grönland herum, im Nordatlantik, im Nordpolarmeer, aber auch in der Nordsee und an der Biscaya ist er schon gesichtet worden. Und er wird erst mit 150 geschlechtsreif.
Der Grönlandhai frißt Pinguine?
Ein großes Rätsel gibt der Hai, der sich in der Regel mit einem Stundenkilometer durchs Wasser bewegt und höchstens halb so schnell schwimmen kann wie eine Robbe, dann doch auf. Von was lebt er denn? Planktonfiltrierer, wie seine größeren Verwandten, ist er nicht. Vieles deutet darauf hin, dass er sich von Aas ernährt, fanden sich doch Überresete von Robben und sogar Eisbären in den Mägen von Eishaien. Laut Zeit online hatten die Wissenschaftler dort auch Überreste von Pinguinen gefunden. Und das führte zu einer wahren Kommentar-Explosion. Innerhalb weniger Minuten hatten schon fast 100 Leser das seltsame Fressverhalten des Grönlandhais thematisiert. Tatsächlich erinnerte das an die alte Scherzfrage: Warum fressen Eisbären keine Pinguine? Täten sie wohl schon, wenn es am Nordpol welche gäbe.
Wissenslücke des Bildungsmediums
Viele Leser der Zeit zeigten sich empört dass ausgerechnet das ausgewiesene Medium des Bildungsbürgertums sich so einen krassen Fehler leistet. Der Webmaster hatte alle Hände voll zu tun, die schlimmsten Kommentare schnell wieder zu löschen. Schließlich verschwanden die Pinguine auch aus dem Zeit online Artikel. Was der Redaktion wohl besonders weh tat: Ihr wurde in den Kommentarspalten ausgerechnet der Artikel des Tagesspiegels vorgehalten. Zeit und Tagesspiegel gehören beide zur Holtzbrinck-Gruppe und tauschen sich häufig auch redaktionell aus. In diesem Fall wär’s besser gewesen.
Text: psk / Foto: wp/NOAA Okeanos Explorer Program