Weihnachtstauchen in der Ostsee

Christian Wendt – Inhaber Atlantis Berlin und „Vater“ des legendären Weihnachtstauchens in der Ostsee beantwortet im Interview mit Bernd Humberg Fragen zum Weihnachtstauchen

Während man am ersten Dezember eher an Plätzchen backen mit der Familie denkt, kommst Du auf die Idee, mit Gleichgesinnten Weihnachtsbäume in Rerik in der kalten Ostsee zu versenken. Woher diese Schnapsidee?

Weihnachtstauchen gab es schon vielerorts. Wir haben nur die Idee aufgegriffen und einen Schritt weiter entwickelt. Ursprünglich fand es am Zweiten Advent statt. Dann haben wir als Fixpunkt das erste Wochenende im Dezember auserkoren, um somit eine jahresübergreifende, fixe Planung zu gewährleisten. Bereits nach der ersten Veranstaltung zeichnete sich ab, dass wir den Nerv unserer Tauchgemeinde getroffen hatten.

Die Idee viel offensichtlich auf fruchtbaren Boden, weil sich „die Tauchgemeinde“ nach Geselligkeit sehnte?

Ja, das große Miteinander ist der Schlüssel des Erfolgs. Alle an der Organisation Beteiligten waren von Anfang an infiziert: Ob es der engagierte DJ war oder der Feuerwerker, der Hotelier, der den Krustenbraten macht; alle fühlten sich mit der Idee des Weihnachtstauchens in sehr persönlicher und familiärer Art und Weise verbunden. Viele der Beteiligten waren vorher Nichttaucher, was sich bald änderte. Auch die Hersteller, also meine Lieferanten, allen voran mares, begleiteten das Event vom ersten Tag an.

Und so entwickelte sich schon bald der vorweihnachtliche Familienausflug mit Kind und Kegel …

… bei dem heute schon die Enkel dabei sind. Wir haben ein komplett durchmischtes, auch junges Publikum. Das erste Dezemberwochenende in Rerik an der Ostsee zu verbringen ist inzwischen für die meisten meiner Gäste und Freunde zur lieb gewonnenen Familientradition geworden.

Wie stellt sich denn inzwischen das Event in Zahlen dar – um mal eine Vorstellung der Dimension zu geben?

Zwischen 150 und 200 Teilnehmer, die ins kalte Nass der Ostsee steigen, von insgesamt 500 bei der gesamten Veranstaltung. Wohlgemerkt ging es uns niemals darum, Besucherrekorde zu brechen oder gar mediale Aufmerksamkeit zu erlangen, sondern einfach nur um ein schönes Wochenende für alle Beteiligten.

Vom Wetterrisiko mal abgesehen. Tauchen war doch wegen „Welle“ nicht immer möglich. Dann wurde geschwommen, geschnorchelt und anschließend abgefeiert. Der Erfolg ist also nicht vom Tauchen abhängig.

Stimmt! Das Wetter spielt überhaupt keine Rolle. Wir hatten über die Jahre alles zu bieten: Von -15 °C und 30 cm Neuschnee bis +10 °C und Sonne, von glatter See bis hin zu Meter hoher Brandung. Herausragend war der Orkan Xaver im Dezember 2013, der für Katastrophenalarm in der Küstenregion sorgte. Die einzigen Fahrzeuge, die damals auf der Küstenautobahn unterwegs waren, waren die des THW und die Besucher des Weihnachtstauchens. Aus Sicherheitsgründen (Christian schmunzelt) wurde aufs Tauchen verzichtet.

Woher kommen die Gäste? Nur aus der norddeutschen Küstenregion?

Teils auch von weither. Aber eben nicht nur aus Berlin und Hamburg. Wir begrüßen Tauchgruppen aus Bayern, Sachsen und NRW. Und es gibt auch die Taucher, die jetzt im Ausland leben und das Event mit dem Besuch in der Heimat verbinden, um Familie und Freunde zu treffen.

Wenn Du zurück schaust, fallen Dir bestimmt Anekdoten ein? Was gibt es Kurioses zu berichten.

Für unsere Tombola hatten wir einmal die Hauptgewinne wie Trockis und Atemregler in Berlin stehen lassen. Dieser peinliche Fauxpas wurde mit Humor getragen und mit Applaus abgefeiert, als die Gutscheine verteilt wurden. Ein weiteres Highlight war die Versteigerung eines Tandem-Trockis. Bedingung war allerdings, dass ich gemeinsam mit Duppi im Anzug am Abend tanzen musste. Spass hatten wir und für den guten Zweck kamen so 800 Euro zusammen. Ein anderes Mal hatten wir auf dem Campingplatz einen Stromausfall, also quasi ein Supergau für die Veranstaltung. Die Reaktion war entspanntes Weitersingen bis das Problem gelöst werden konnte.

Die Veranstaltung hatte also auch eine karitative Komponente?

Ein Teil der Startgebühr und der Einnahmen aus der Tombola und der Versteigerung, sowie ein Teil aus den Einnahmen des Getränkeverkaufs werden gespendet. Wir unterstützen Projekte, die sich für Umwelt und Meeresschutz engagieren, wie auch für die Jugendförderung. Und neuerdings fördern wir damit auch die neu gegründete, ortsansässige DLRG Gruppe.

Was dürfen wir in diesem Jahr erwarten?

Wir wollen das 20-jährige Jubiläum gebührend feiern und haben uns etwas Besonderes ausgedacht. Wir bitten alle unsere Gäste, die noch Fotos aus den 20 Jahren haben, diese zur Verfügung zu stellen. Wir richten dafür eine Dropbox und eine Mailadresse ein, wo man seine Schnappschüsse hochladen kann. Wer eine nette Story zu bieten hat, kann diese ebenso einreichen. Samstag Abend wollen wir die gesammelten Werke auf der Leinwand präsentieren. Natürlich erhält jeder Besucher ein kultiges Andenken. Das Feuerwerk wird in diesem Jahr ein Jahrhundertfeuerwerk. Und für hochwertige Gewinne wie Reisen, Sachpreise und Kuriositäten ist schon gesorgt. Und schlußendlich wollen wir mit allen Teilnehmern noch einmal die Party des Jahres feiern. Ein Tipp für die Planung: Die Unterkünfte sind auf dem Campingplatz seit über einem Jahr ausgebucht. Kapazitäten gibt es noch in Rerik und Kühlungsborn, die über unsere Homepage und die Kurverwaltung Kühlungsborn zu erfragen sind. Ein kostenloser Shuttle vom Hotel zum Event steht für alle Teilnehmer zur Verfügung.

 Die meisten Teilnehmer des Events sind „Wiederholungstäter“, was den Kultstatus belegt. Deine Entscheidung, das Event nach 20 erfolgreichen Jahren einzustellen, erscheint auf den ersten Blick fragwürdig zu sein. Wieso jetzt? Und was kommt danach?

20 Jahre sind eine verdammt lange Zeit. Auch wenn es für uns jedesmal ein Highlight war, so müssen wir uns auf der Höhe dieser Entwicklung selbst die Frage stellen: Machen wir so weiter oder setzen wir einen Schlusspunkt? Wir sind überzeugt, dass die Zeit reif ist für Veränderung. Wohlgemerkt: Die Veranstaltung hat nie einen Abbruch erfahren, hat sich stetig weiter entwickelt. Aber getreu unserem Motto nicht zurückzuschauen, wollen wir die eingefahrenen Wege verlassen und uns gemeinsam mit allen Beteiligten neuen Herausforderungen stellen. Am Anfang dieser Erfolgsgeschichte hatten wir mit Rerik eine einzige Tauchbasis. Heute sind es fünf Tauchbasen. Vor diesem Hintergrund ergeben sich Optionen, die nicht mit der lieb gewordenen Tradition brechen, sondern der Idee neue Impulse verschaffen. Ihr könnt alle gespannt sein, aber erst einmal wollen wir uns auf das ultimativ letzte Highlight freuen.

Weitere Infos unter: Atlantis-Berlin und Ostseebasis Seeblick

Text: Das Interview führte Bernd Humberg, mit seiner Familie ebenfalls Rerik-Wiederholungstäter, der in 20 Jahren nur einmal das Weihnachtstauchen verpasste.

Taucher auf dem Weg in die Ostsee
Weihnachtsbaum ist auf dem Weg ins die Ostsee