Das verfluchte U-Boot

Sub Marine Explorer taucht auf

Der Tidenhub vor der Insel San Telmo an der Pazifischen Küste Panamas ist recht hoch. Zwei Mal am Tag taucht ein kleiner eiserner Turm aus den Fluten auf, dem schnell ein bulliger Zylinder folgt. Unverkennbar liegt da ein kleines U-Boot am Strand. 2001 erlebte auch James Delgado in seinem Urlaub dieses Schauspiel. Doch spätestens hier endete sein Urlaub, denn Delgado war Chef Direktor der Vancouver Maritim Mueseum und diese Entdeckung hatte natürlich seine berufliche Neugier geweckt.
Die einheimischen Fischer wussten es genau. Es handelte sich um ein kleines japanisches U-Boot, das während des zweiten Weltkrieges den Panama-Kanal angreifen sollte. Jeder andere hätte sich mit der Aussage zufrieden gegeben. Doch dem Experten Delgado war schnell klar, dass diese Erklärung Quatsch war. Das Wrack war viel, viel älter. Er zog andere Spezialisten zu Rate. Schließlich konnte ein amerikanischer Historiker helfen. Bei dem rostigen Wrack musste es sich um die „Explorer“ handeln – gebaut im Jahre 1865.

Unglückliche Vorgänger

Damit war es nicht das erste U-Boot. Der Schwabe Wilhelm Bauer hatte bereits 1851 den „Brandtaucher“ in der Kieler Förde getestet – und war knapp mit dem Leben davon gekommen. Zwei Jahre vor der Jungfernfahrt der Explorer hatte Horace Lawson Hunley mit dem nach ihm benannten U-Boot im amerikanischen Bürgerkrieg erstmals ein Schiff versenkt. Doch Hunley und seine Besatzung kehrten nicht zurück. Was die „Explorer“ von ihren Vorgängern unterschied, war die Konstruktion und das Design, das bereits alle Merkmale von modernen U-Booten aufwies. Vor allem aber: die „Explorer“ funktionierte. Ihr Erfinder und Konstrukteur Julius Kröhl war 1844 aus Ostpreußen in die USA ausgewandert und hatte sich in New York nieder gelassen. Dort erwarb er sich bald den Ruf eines genialen Eisenbearbeiters. Für seine Eisenbiegemaschine hatte er Patent angemeldet.

Perlen statt Torpedos

Kröhl begann mit der U-Boot-Konstruktion während des Bürgerkrieges, doch als er es an die die Unions-Armee verkaufen wollte, hatte die kein großes Interesse mehr, denn der Krieg war so gut wie gewonnen. Dafür interessierte sich ein anderer brennend für das Unterwasserfahrzeug: William Tiffany, Bruder des Juweliers Charles Tiffany, brauchte so etwas um in den Gewässern vor Panama Muscheln zu ernten, zum einen wegen der Perlen, zum anderen wegen des Perlmutts, der in der Schmuckherstellung immer größere Bedeutung gewann.

Triumph und Tragödie

Nach der 90 Minütigen Jungfernfahrt im East-River vor Manhattan wurde das U-Boot auseinander genommen und nach Panama verschickt. Dort baute es Kröhl wieder zusammen und begann erst einmal für die bessere Gesellschaft Ausflugsfahrten mit dem U-Boot zu organisieren. Alles klappte wunderbar. Dann machte er sich mit seiner Besatzung an die Arbeit. Die Leistungen der „Explorer“ waren erstaunlich. Sie konnte mindestens 40 Meter tief Tauchen und vier Stunden unter Wasser bleiben. Die Muscheln und Austernernte war denkbar einfach. Die „Explorer“ setzte am Grund auf. Drei Ducklucken am Boden wurden geöffnet und die Muscheln mussten nur noch eingesammelt werden. Doch dann, nach nur wenigen Wochen die Katastrophe: Kröhl und seine vierköpfige Besatzung klagen über Schmerzen in Muskeln und Gelenken und sind wenige Stunden später alle tot. Der Arzt attestiert „Tod durch Fieber“. Tatsächlich hatte sich Kröhl Jahre zuvor mit Malaria infiziert. Eine neue Besatzung muss her. Auch sie stirbt nach wenigen Tagen im Einsatz.

Für ein paar Perlen mehr

Zwei Jahre bleibt die „Explorer“ unbenutzt an ihrem Liegeplatz. Dann ein einer Versuch. Elf Tage lang fährt das U-Boot jeden Tag hinaus, erntet insgesamt 10,5 Tonnen Muscheln, Austern und Perlen im damaligen Wert von 2000 Dollar, was heute etwa 30.000 Euro entsprechen würde. Am zwölften Tag ist die Besatzung tot. Das scheinbar verfluchte U-Boot wird in San Telmo an den Strand gesetzt.

Nachtrag

Im Jahr 1856 bekam der große Mediziner Rudolf Vierchow einen neuen Assistenten. Felix Hoppe-Seyler sollte sich nicht nur als Entdecker des Blutfarbstoffs Hämoglobin einen Namen machen. 1857 stellte er eine Theorie auf, nachdem die Gasblasenembolie die Ursache der Dekompressionskrankheit sei. Doch erst 1878 stellte Paul Bert, ein Professor aus Paris, so etwas ähnliches wie eine Dekotabelle auf. Sie basierte auf einer Dekozeit von 20 Minuten pro ein Bar Druck. So richtig praktikabel war das nicht. Erst mit den Forschungen von John Scott Haldane wurden praktikable Mechanismen zur Dekompression entwickelt.

Peter S. Kaspar

Foto: James Delgado/wp

Die Dokumentation zur „Explorer“ gibts hier