Malediven mit Schallkanonen bedroht
Inselstaat will nach Öl suchen
Noch sind die Korallenriffe der Malediven eine meeresbiologische Schatztruhe. Letztes Jahr besuchten mehr als 1,2 Millionen Touristen die Inselgruppe. Doch das Ferienparadies ist in Gefahr. Bereits 2014 wurden erste Voruntersuchungen zum Ölvorkommen vor dem Inselstaat durchgeführt. Mit extrem lauten Schallkanonen will die nationale Ölfirma nun umfassende seismische Explorationen veranlassen. Auch Probebohrungen sind geplant. Die maledivische Regierung behandelt die Ölsuche streng geheim – nur wenig sickerte dazu bisher an die Öffentlichkeit. Die Meeresschutzorganisation OceanCare lanciert heute die internationale Protestkampagne „Notruf aus den Malediven“. Dass ein solcher Protest Wirkung erzielen kann, wurde 2014 deutlich: In den Gewässern um die Balearen konnte die Ölsuche so bislang verhindert werden.
Die staatliche Ölfirma Maldives National Oil Company (MNOC) plant vor den heimischen Atollen nach Erdöl zu suchen. Betroffen wären einige der letzten mehrheitlich intakten Unterwasserwelten. Ölsuche und Ölförderung bringen Umweltprobleme mit sich, die sowohl die Meerestiere als auch das fragile Ökosystem der Malediven ernsthaft bedrohen. „Das Gleichgewicht dieses Unterwasserparadieses im Indischen Ozean hängt an einem seidenen Faden. Die Riffe sind bereits durch Übernutzung und Klimawandel stark unter Druck. Nun stellt der Lärm der Erdölsuche eine weitere Gefahr für die Delphine, Schildkröten, Fische und anderen Meerestiere rund um die Malediven dar. Wir wollen dafür sorgen, dass die Unterwasserwelt der Malediven vom Lärm der Druckluftkanonen verschont bleibt“, so Sigrid Lüber, Präsidentin von OceanCare.
Ausverkauf des eigenen Unterwasserparadieses
Der maledivische Präsident Abdulla Yameen hat die Suche nach Erdöl unter dem Meeresgrund vor den Malediven 2014 zum Wahlversprechen gemacht. Die Regierung plant, die Malediven als Ölförderland zu bewerben, will die Ölsuche an sich aber geheim halten. Tatsache ist, dass das deutsche Forschungsschiff „Sonne“ im August 2014 bereits seismische 3D-Voruntersuchungen gemacht hat – 100 Seemeilen östlich der Region von Laamu und des Thaa-Atolls. Gemäß dem Fischereiminister Mohamed Shainee habe man dabei Gestein mit Kohlenwasserstoffen gefunden. „Es ist zynisch, dass eine Region, die so stark durch die globale Erwärmung bedroht ist, selbst fossile Brennstoffe erschließen möchte“, kritisiert Nicolas Entrup, Campaigner für OceanCare.
Die Regierung der Malediven prüft die Ergebnisse der Voruntersuchungen im ersten Quartal 2015. Auf die Suche nach Rohöl spezialisierte Unternehmen aus Norwegen und Deutschland wurden gebeten, bei der Auswertung zu helfen. Drittparteien wird der Zugang zu den Ergebnissen verwehrt.
Weitere seismische Tests und Probebohrungen sollen folgen. Die MNOC wird unter anderem mit den Vorbereitungen für die Vergabe von Lizenzen für seismische Explorationen beauftragt. Indien hat bereits zugesagt, bei der Förderung des Rohöls zu helfen, ehe es in den Nachbarländern Indien, Sri Lanka und Singapur raffiniert werden soll. Gemäß MNOC soll ein Großteil des Erdöls den Bedarf der Malediven selber decken.
Protest „Notruf aus den Malediven“
OceanCare lanciert heute die weltweite Protestkampagne „Notruf aus den Malediven“. Damit informiert die Organisation als Initiantin der internationalen Koalition „Silent Oceans“ über die drohende Gefahr und animiert zum E-Mail-Protest an die Adresse des Tourismus-Ministers der Malediven. Die Suche nach Öl in der Region muss umgehend eingestellt werden. „Lokale Umweltverbände sind tief besorgt. Einer davon, Ecocare Maldives, hat OceanCare konkret um Hilfe gebeten. Wir hoffen nun auf die Unterstützung einer breiten Öffentlichkeit sowie der Tourismusindustrie, um unserem Protest Gewicht zu verleihen“, sagt Lüber.
Außerdem wird OceanCare, gemeinsam mit den Partnern der Silent-Oceans-Koalition, in einem detaillierten „Statement of Concern“ die maledivische Regierung öffentlich mit den negativen Aspekten der Ölförderungspläne konfrontieren und ihre ernsthafte Besorgnis zum Ausdruck bringen.
Druck der Öffentlichkeit wirkt
Was das Engagement der Öffentlichkeit erreichen kann, hat sich auf den Balearen gezeigt: In den Gewässern dieser Inselgruppe konnte OceanCare, zusammen mit ihren Koalitionspartnern und dank massiven Protesten der Lokalbevölkerung, den Einsatz der gefährlichen Schallkanonen vorläufig verhindern. Auch auf den Kanarischen Inseln erwirkte die lokale Bevölkerung den Rückzug des Ölkonzerns Repsol.
„Die Tatsache, dass Ölfirmen auf die Erschließung eines weiteren fragilen Lebensraums und beliebten Reiseziels drängen, dürfte wiederum für Empörung sorgen“, meint Lüber abschließend.
pm: OceanCare
Zu dem Thema gibt es hier auch einen Kommentar: „Es geht auch um Menschen“